Es gibt sicherlich verschiedene Gründe, warum Menschen heutzutage so viele Tiere essen. In den Industrieländern liegt das jedenfalls nicht daran, dass wir es müssen. Es ist eher eine Sache der Gewohnheit. Die Psychologin Melanie Joy nennt das Phänomen, dass wir es für normal halten, bestimmte Tiere zu essen, Karnismus. In Deutschland würde kaum jemand auf den Gedanken kommen, dass es in Ordnung ist Hunde- oder Katzenfleisch zu sich zu nehmen, sehr wohl in Ordnung scheint es aber zu sein, Schweine- oder Rindfleisch zu essen. Wir sind es einfach gewöhnt und halten das für normal. Viele Menschen verbinden damit auch einen besonderen Genuss. Hinzu kommt, dass durch die industrielle Form der Tiernutzung eine große Menge von Fleisch produziert wird, und man dieses in den Supermärkten zu einem kleinen Preis kaufen kann. Man ist es gewöhnt, man genießt es, und es wird einem auch leicht gemacht.
Das bedeutet aber nicht, dass das auch gut ist. Nicht alles, an das man gewöhnt ist, das einem schmeckt und das leicht erhältlich ist, ist gut für einen selbst und auch nicht generell gut. Für die eigene Gesundheit ist es z. B. schädlich, wenn man zu viel Fleisch isst. Es ist vielmehr sehr gut möglich, auf Fleisch zu verzichten und sich trotzdem ausgewogen und gesund zu ernähren. Aber auch jenseits des Eigeninteresses ist der Fleischkonsum etwas, das kritisch zu sehen ist. Für die Umwelt ist es z. B. nicht gut, dass so viele Tiere auf der Welt gehalten werden. Wälder werden für deren Futter gerodet, und durch die Tierhaltung werden klimaschädliche Gase produziert. Für die Tiere bedeutet unser Fleischkonsum nun ganz sicherlich kaum etwas Gutes. Sie leiden in der industriellen Tierhaltung und werden für unseren Genuss (meist leidvoll) getötet.
Warum könnte man denken, dass das Tierleid und die Tötung gerechtfertigt sein könnte? Viele Menschen denken, dass der Mensch etwas ganz Besonderes ist und dass er mit Wesen anderer Art so umgehen darf, wie es ihm gefällt. Hier hat der britische Philosoph Jeremy Bentham aber darauf hingewiesen, dass es für eine moralische Berücksichtigung nicht darauf ankommt, ob ein Wesen denken oder sprechen kann oder ob es vernünftig ist, sondern darauf, ob es leiden kann. Tiere können leiden und in dieser Hinsicht besteht kaum ein Unterschied zum Menschen. Einen Menschen würden wir nun niemals so behandeln, wie wir das mit den Tieren tun. Ein wichtiger Grund, warum wir das nicht machen würden, ist der, dass wir es für schlecht halten, anderen Leid zuzufügen. Da sich aber das Leid von Tier und Mensch gleicht, sollten wir Tiere auch nicht so behandeln. Es sprechen also viele Gründe dagegen, viel Fleisch oder auch überhaupt Fleisch zu essen. Man muss es nicht tun und man sollte es auch nicht tun. Es mag zwar manchmal schwierig sein, Gewohnheiten zu durchbrechen, aber das kann sich lohnen – für einen selbst, für andere Menschen und für andere nicht-menschliche Tiere.