Warum geht es im Leben fast immer um Geld?

Geld regiert die Welt. Dieses alte deutsche Sprichwort deutet auf die herausragende Rolle des Geldes als Zahlungsmittel hin. Wenn sich alle Menschen wie Robinson Crusoe verhielten, der alle Güter für seinen eignen Verbrauch selbst herstellt, wäre kein Geld nötig, da kein Güteraustausch zustande käme. Robinson Crusoe war aber sehr arm. Der heutige Reichtum in modernen Volkswirtschaften ist hingegen zum größten Teil auf die Arbeitsteilung zurückzuführen. Dadurch, dass sich die Menschen auf bestimmte Tätigkeiten und Berufszweige spezialisieren, in denen sie eine hohe Produktivität aufweisen, sind sie zugleich auf den Zukauf der meisten ihrer Verbrauchsgüter angewiesen.

Der Tausch unserer Arbeitsleistung oder unserer selbst erstellten Produkte gegen andere Güter könnte auch ohne die Existenz von Geld erfolgen. Ein solcher direkter Tausch von einem Gut gegen ein anderes Gut ist jedoch äußerst unproduktiv, da die Tauschwünsche der Handelspartner:innen wechselseitig übereinstimmen müssen. Die Anbieter:innen eines Gutes müssen dabei nicht nur Nachfrager:innen für das eigene Gut finden, sondern zugleich jene Güter begehren, die von diesen möglichen Tauschpartner:innen angeboten werden. Dies lässt sich anhand der Beispiele „hungernder Schneider sucht frierenden Bäcker“ oder „unmotorisierter Arzt sucht kranken Autohersteller“ illustrieren.

Die Existenz des Geldes als allgemein anerkanntes und von allen Handelspartner:innen akzeptiertes Tauschmittel ermöglicht hingegen einen indirekten Tausch. So können wir unsere eigenen Waren oder Dienstleistungen an alle interessierten Nachfrager:innen zunächst gegen Geld verkaufen. Mit diesem Geld können wir dann bei all jenen Produzent:innen einkaufen, welche Güter anbieten, die wir erwerben möchten. Zudem können wir das Geld auch sparen und es erst zu einem späteren Zeitpunkt zum Erwerb von Gütern wieder verausgaben. Aus diesen Gründen kann das Geld als elementarer „Schmierstoff“ zur Mehrung unseres Wohlstands in modernen arbeitsteiligen Volkswirtschaften gesehen werden.

Prof. Dr. Bernd Kempa

Institut für Internationale Ökonomie


Die Frage enthält eine Tatsachenbehauptung. Geht es im Leben wirklich fast immer um Geld? Viele Beobachtungen sprechen dafür: Wir opfern viel Zeit und Kraft, um an Geld zu kommen. Was eigentlich sinnvoll wäre, lehnen wir oft trotzdem ab, weil es kein Geld einbringt oder Geld kostet. Geld scheint im Leben tatsächlich eine zentrale Rolle zu spielen.

Dennoch sollten wir etwas genauer hinsehen. Fragen wir zunächst, worauf die Bedeutung des Geldes eigentlich beruht. Die beiden wichtigsten Antworten, die seitens der Philosophie gegeben wurden, sind einerseits die Warentheorie und andererseits die Kredittheorie des Geldes.

Die Warentheorie des Geldes geht von einer Beobachtung aus, die jeder machen kann, der schon einmal auf einer Tauschbörse für Fußballbilder war. Es kann sehr schwierig sein, genau den richtigen Tauschpartner für das eine Bildchen zu finden, das einem in der eigenen Sammlung noch fehlt. Tauschbörsen machen Spaß, wir lernen neue Leute kennen. Aber wenn wir für alles, was wir benötigen, erst den passenden Tauschpartner finden müssten, würde unser Alltag sehr kompliziert. Geld bietet den großen Vorteil, dass es sich gegen alles Mögliche eintauschen lässt. Geld ist eine besonders praktische Ware: Es ist leicht und transportabel, es kann aufbewahrt werden, ohne zu verderben, vor allem aber: Jeder akzeptiert es als Tauschmittel für weitere Waren.

Genau beim letzten Punkt setzt die Kredittheorie des Geldes an. Sie weist darauf hin, dass die Geldscheine im Portemonnaie oder die Zahlen auf dem Kontoauszug völlig wertlos wären, wenn andere nicht auf sie vertrauen würden. Wenn die Marktfrau meinen 5-Euro-Schein im Gegenzug für ein Kilo Äpfel annimmt, dann vertraut sie darauf, dass sie sich später dafür eine Busfahrkarte kaufen kann. Der Geldschein ist also wie ein Versprechen für künftige Leistungen. (Das Wort „Kredit“ geht zurück auf das lateinische Wort „credere“, das so viel wie „glauben, vertrauen“ bedeutet.) In der Regel ist es der Staat, der das Geld an seine Bürgerinnen und Bürger ausgibt, er gibt also das Versprechen, dass wir für unser Geld auch etwas bekommen. Er regelt, dass das Geld von bestimmten Institutionen angenommen wird, z.B. von Steuerbehörden und von Banken. Da wir alle der Staat sind, sorgen wir letztlich gemeinsam dafür, dass unser Geld wertvoll bleibt, indem wir an seine Geltung glauben.

Egal, welche Theorie man für richtig hält: Geld ist eine ungemein praktische Erfindung. Es erleichtert das Leben. Seine Bedeutung steht und fällt aber damit, dass man etwas anderes dafür bekommen kann. Im Leben geht es offenbar nicht um das Geld als solches, sondern um das, was man dafür kriegt: Fußballbildchen (die wir zunächst kaufen müssen, bevor wir sie tauschen können), Äpfel, Fahrkarten und vieles mehr. Wenn wir für unser Geld nichts bekämen, dann ginge es uns nicht mehr ums Geld. Wir könnten die nutz- und wertlos gewordenen Scheine in den Müll werfen und unsere Konten auflösen. Dies gilt selbst für Dagobert Duck: Seine Macht beruht auf den Talern, die er gierig zusammengerafft hat; aber wenn er nicht wenigstens im Prinzip dafür etwas kaufen könnte, wären sie auch für ihn wertlos.

Geht es im Leben also fast immer darum, sich etwas kaufen zu können? Auch hier sollten wir noch einmal genauer überlegen: Warum kaufen wir uns Dinge und Dienstleistungen? Manche, weil wir uns davon Genuss versprechen, andere, weil sie unseren Alltag erleichtern, einige, weil wir andere damit beeindrucken wollen, und nicht wenige natürlich auch, weil wir anderen damit eine Freude machen wollen – kurz, wir kaufen Dinge, weil wir denken, dass sie unser Leben besser machen. Wenn wir uns immer nur Dinge kaufen würden, die unser Leben schlechter machen, dann wäre das Geld noch wertloser, als wenn wir gar nichts dafür kaufen könnten. Deswegen ist es wichtig, nicht immer nur zu überlegen, wie man an mehr Geld kommt, sondern auch darüber nachzudenken, was ein gutes, sinnvolles Leben ist. Denn es geht im Leben eben nicht immer und nicht mal fast immer nur um Geld, sondern darum, gut und sinnvoll zu leben.

Dr. Sibille Mischer

Philosophisches Seminar

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