In der Regel handelt es sich bei Völkermorden auch um Morde mit einer hohen Opferzahl, also um sog. Massenmorde. Anders als oft angenommen, bedeutet Völkermord aber nicht zwingend, dass eine hohe Anzahl von Menschen getötet wird. Völkermord ist also nicht immer auch ein Massenmord. Handlungen, die unter den Tatbestand des Völkermordes fallen, können ganz verschieden aussehen. So kann nach der UN-Völkermordkonvention beispielsweise auch die schwere Körperverletzung oder Tötung nur einer Person als Völkermord klassifiziert werden. Entscheidend ist, dass die verletzte oder getötete Person einer nationalen, rassischen, religiösen oder ethnischen Gruppe angehört und der Täter in der Absicht handelt, diese Bevölkerungsgruppe ganz oder teilweise zu zerstören. Die besondere Verwerflichkeit des Völkermordes ergibt sich mithin nicht aus einer Vielzahl von Opfern, sondern aus der Absicht des Täters, eine Bevölkerungsgruppe auszulöschen. Denn dies, so heißt es häufig, störe den Weltfrieden und die Weltsicherheit in hohem Maße und gefährde außerdem die Vielfalt der Bevölkerungsgruppen auf der Welt.
Institut für Kriminalwissenschaften
Weitere Infos
Gerhard Werle / Florian Jeßberger, Völkerstrafrecht, 5 Aufl. 2020, S. 857 ff.