Kann es theoretisch sein, dass das All noch viel älter ist als bislang angenommen?

Alle aktuellen Beobachtungen sprechen für die Entstehung des Alls im Urknall und ein Alter des (beobachtbaren) Universums von 13,7 Milliarden Jahren.

Den weitesten Blick zurück (etwa 400 000 Jahre nach dem Urknall) liefert dabei die kosmische Mikrowellenstrahlung, die aus allen Richtungen auf die Erde trifft. Die Wellenlänge dieser Hintergrundstrahlung ist dabei charakteristisch für die Temperatur des Universums (heute etwa 2,7 Grad über dem absoluten Nullpunkt, oder 2,7 Kelvin). Sie gibt aber auch Auskunft über die Verteilung der Masse im All zu dem Zeitpunkt, als es „durchsichtig“ wurde und das heiße Plasma aus Elektronen   und Atomkernen zu einem Gas aus elektrisch neutralen Atomen wurde. Damals war das gesamte Universum nur etwas kühler als die Oberfläche der Sonne und die Wärmestrahlung des Universums (die heutige Mikrowellenstrahlung) war deutlich energiereicher und im sichtbaren Bereich, etwa wie ein Körper mit einer Temperatur von 3000 Grad über dem absoluten Nullpunkt oder wie eine Lampe mit einer Farbtemperatur von 3000 K. Die Wellenlänge der Strahlung ist seitdem viel größer geworden (etwa ein Faktor 1100). Mit dieser so genannten Rotverschiebung lässt sich u.a. erkennen, wie stark sich das Universum seitdem ausgedehnt hat (um den Faktor 1100). Für später entstehende leuchtende Objekte wie Galaxien und Supernovae lässt sich dies ebenfalls bestimmen, hier kommt man auf Werte bis zu 11. Als das Licht der Galaxien ausgesendet wurde, war das Universum also 11 Mal kleiner als heute und nur 400 Millionen Jahre alt.

Je weiter man zurück geht, desto kleiner war somit das All. Mit Hilfe von Modellen der allgemeinen Relativitätstheorie von Albert Einstein kann man dies bis zu einem Zeitpunkt machen, an dem das Universum keine Ausdehnung mehr hat: Der Zeitpunkt des Urknalls vor etwa 13,7 Milliarden Jahren.

Die Zeit kurz nach dem Urknall liegt jedoch nicht völlig im Dunkeln: So haben die Bedingungen, die wenige Sekunden nach dem Urknall herrschten, einen direkten Einfluss auf die heutige Menge der Wasserstoff- und Heliumatome. Etwas mehr dazu erfahren Sie hier: 

https://www.frag-sophie.de/datenbank/beitrag/was-sind-die-ursachen-des-urknalls

Weil das Licht, das uns heute erreicht, schon mehrere Milliarden Jahre zu uns unterwegs ist und sich das Universum seitdem ausgedehnt hat, haben sich die entsprechenden Aussendungsorte noch weiter von uns entfernt. Das beobachtbare Universum hat einen Durchmesser von mehr als 90 Milliarden Lichtjahre.

Das Universum verhält sich also in diesem beobachtbaren Bereich mit mehr als 1 Billionen Galaxien in alle Richtungen gleich und passend zu dem Modell einer Entstehung vor 13,7 Mrd. Jahren. Es wäre denkbar, aber wenig plausibel, dass sich diese Gleichmäßigkeit nicht auch weiter fortsetzt. Nach unserem heutigen Erkenntnisstand bleibt das jedoch unüberprüfbar, ebenso wie die Frage nach den Bedingungen „vor dem Urknall“.

Prof. Dr. Christian Klein-Bösing

Institut für Kernphysik

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