Unsere Augen haben die Fähigkeit, sich unterschiedlichen Lichtverhältnissen anzupassen. Beispielsweise verengen sich die Pupillen (Miosis), wenn zu viel Licht auf sie einstrahlt, und erweitern sich, wenn es dunkel wird (Mydriasis). So wird sichergestellt, dass die für das Sehen benötigte Lichtmenge optimal ist. Gesteuert wird diese automatische Reaktion über das vegetative Nervensystem des Körpers, das die inneren Augenmuskeln steuert und im Kontakt mit wichtigen Regionen des Gehirns steht. Mithilfe der Pupillenreaktion können Ärzt*innen zudem feststellen, ob das vegetative System intakt ist und daraus Rückschlüsse über bestimmte Erkrankungen ziehen.
Es gibt bisher keine überzeugenden Studien, die zeigen konnten, dass Lesen im Dunkeln die Augen schädigt oder „blind macht“. Die Augen können aber in Dunkelheit schneller ermüden, was mit Kopfschmerzen und Verschwommensehen einhergehen kann. Daher wird empfohlen, auf eine ausreichende Beleuchtung beim Lesen zu achten.
Unabhängig von der Lichtmenge gibt es jedoch gute Belege dafür, dass das vermehrte Betrachten von Objekten aus nächster Nähe (z. B. beim Lesen oder vor dem Computer) einen Einfluss auf das Wachstum des Augapfels hat. Neuere Studien erklären diesen Zusammenhang damit, dass beim Lesen von schwarzem Text auf weißen Hintergrund bestimmte Signalkaskaden (Wechsel von „On“ und „Off“ Pfaden) im Auge aktiviert und dadurch Wachstumssignale produziert werden. Dies führt zu einer Verlängerung des Auges, welches folglich aus der Ferne kommende Strahlen nicht mehr scharf auf der Netzhaut abbilden kann. Es entsteht eine Kurzsichtigkeit (Myopie) und die Betroffenen brauchen eine Brille, um wieder scharf sehen zu können.

Der Zusammenhang zwischen Augenlänge und Lichtbrechung (Abbildung modifiziert nach Ang & Wong, 2020)
Eine Myopie entwickelt sich häufig mit dem Beginn der Beschulung (Schulmyopie) und steht in Zusammenhang mit einer langen Bildungskarriere. Studien konnten passenderweise zeigen, dass je länger die Zeit, die ein Kind draußen spielt, desto geringer das Risiko für die Entwicklung einer Myopie. Obwohl die Myopie in den Industrienationen weit verbreitet ist („Myopie-Epidemie“), ist sie nicht immer harmlos. So kann eine sehr starke Kurzsichtigkeit in einigen Fällen mit schwerwiegenderen Folgeerkrankungen des Auges einhergehen. Trotz der Problematik würde man in der heutigen Gesellschaft kaum vom Lesen abraten.
Institut für Anatomie & Molekulare Neurobiologie
Literatur:
Ang M., & Wong TY. (2020). Updates on myopia: A clinical perspective (1st edition). Springer-Verlag.