Das Feld der Homöopathie ist sicherlich ein sehr heißes Pflaster. Daher einige Bemerkungen vorab. Zunächst gilt es, unterschiedliche Begrifflichkeiten klären. In der Schulmedizin geht es um das Stellen einer Diagnose und der folgenden Therapie nach wissenschaftlich anerkannten Methoden. Daneben gibt es das Gebiet der Naturheilkunde. Hierzu zählen Ernährungs- und Bewegungstherapie, aber auch die Phytotherapie, also der Einsatz von Pflanzenwirkstoffen. Viele dieser Bereiche unterliegen ebenfalls der wissenschaftlichen Überprüfung. Schließlich gibt es noch die Homöopathie. Sie könnte man der Alternativmedizin zuschreiben. Hierbei fehlen jedoch eine wissenschaftliche Begründung und pharmakologische Nachweise. Das bedeutet, die Arzneien, die hier eingenommen werden, haben häufig keinen nachweisbaren Effekt.
Doch schon an dieser Stelle sei gesagt, das mag nichts Schlechtes bedeuten.
Weshalb gibt es hier nun einen Konflikt?
Nun ja, in der Medizin geht es um Menschen. Und sehr häufig gibt es etwas, das den Menschen krank macht, zum Beispiel einen „Giftstoff“. Wenn man nun herausgefunden hat, dass sich dieser Giftstoff in einem Körper befindet und er dort eine bestimmte Krankheit auslöst (man also die richtige Diagnose stellt), kann man versuchen, diesen Giftstoff zu beseitigen. Sollte es möglich sein, so kann man beispielsweise ein Medikament verabreichen. Im besten Falle hat man den Menschen somit nach einiger Zeit körperlich geheilt. Doch das genügt nicht immer in allen Fällen. Denn vielleicht hat der Mensch sich, als er mit dem Giftstoff krank war, besonders schlecht gefühlt, konnte kein Geld verdienen, konnte keine anderen Menschen treffen und hat sich große Sorgen gemacht. Vielleicht hatte er auch Schmerzen oder der Giftstoff hat zu Veränderungen im Aussehen geführt. All das und noch vieles mehr kann den Menschen stark belasten. All das herauszufinden, zu wissen und zu berücksichtigen, kann sehr aufwendig und schwierig sein, sollte aber mit zu einer guten, ganzheitlichen Therapie gehören.
Ziel in der Medizin sollte es sein, den gesamten Menschen zu behandeln. Leider ist dafür häufig zu wenig Raum, Zeit, Platz oder zu wenig Verständnis. Und das ist schlecht und einfach falsch.
Als Folge davon können sich Menschen nicht richtig verstanden fühlen. Sie sind enttäuscht, niedergeschlagen, verängstigt, vielleicht sogar wütend. Weil jeder Mensch tatsächlich anders ist, kann es auch manchmal viel Zeit dauern, bis man den Giftstoff herausgefunden hat oder, auch wenn man das richtige Medikament einnimmt, Zeit dauern, bis dieses auch wirkt. Hier punktet die Homöopathie. Es wird sich häufig Zeit für den Menschen genommen, man befasst sich mit dem Menschen und all seinen Problemen und beinahe egal, welches Problem auftritt, es gibt für jedes Problem eine Lösung. Das klingt auf den ersten Blick gut. Weil die Menschen sich verstanden und umsorgt fühlen, können viele Sorgen auch angegangen werden, doch viele weitere Leiden nicht.
Beim Blick auf die weiteren Formen der Therapie kommen die bereits in einer Frage angesprochenen „Zuckerkugeln“ ins Spiel. Ziel ist es hierbei, einen Stoff oder auch Wirkstoff zu nehmen und diesen mehrfach zu verdünnen. Verpackt werden diese dann beispielsweise in Kugelform. Eine Wirksamkeit ist wissenschaftlich hier bisher nicht nachgewiesen worden. Ein Problem allerdings ist auch, dass es keine verlässlichen oder gut durchgeführten Studien zur Wirkung homöopathischer Mittel gibt. Die nachgewiesene Wirkung geht meist nicht über die eines Placebos hinaus. Das bedeutet, ob der Mensch ein homöopathisches Mittel einnimmt oder eine nur genauso aussehende Tablette, in der kein Mittel enthalten ist, es zeigt beides die gleiche Wirkung. Das homöopathische Vorgehen hat selbstverständlich eine Wirkung auf den Menschen. Es bedarf keiner „stichhaltigen Widerlegung der Wirksamkeit von Homöopathie“, wie in einer Frage zu entnehmen ist. Die Wirkung auf den Menschen ist mit Sicherheit gegeben. Allerdings die Wirkung auf den Giftstoff eben nicht.
Aus meiner Sicht besteht hier die Gefahr. Grundsätzlich ist gegen ein homöopathisches Verfahren nichts einzuwenden. Allerdings sollte dies keinesfalls dazu führen, dass Diagnostik und eine mögliche Therapie im schulmedizinischen Sinne verzögert oder gar versäumt werden. Das kann in der Tat lebensbedrohlich sein. Der Giftstoff befindet sich noch immer im Körper.
Die Frage nach der „Bezahlung durch die Krankenkasse“ ist dagegen recht einfach zu beantworten. Sie übernehmen häufig die Kosten, weil die Kunden, also die Versicherten, es möchten.
In der heutigen Zeit kann die Schulmedizin einiges vom homöopathischen Vorgehen lernen, beziehungsweise wieder für sich entdecken, es wieder erlernen. Es muss sich wieder mehr um den Menschen gekümmert werden, auf allen Ebenen. Neben dem körperlichen Leid sollte auch zwingend das seelische Leid angesprochen werden. Medizin sollte immer eine ganzheitliche Medizin sein.
Quellen:
Mathie, Robert et al.: Randomised, double-blind, placebo-controlled trials of non-individualised homeopathic treatment: systematic review and meta-analysis (BMC, 2017)
Shang, Aijing et al.: Are the clinical effects of homoeopathy placebo effects? Comparative study of placebo-controlled trials of homoeopathy and allopathy (The Lancet, 2005)