Das Milchgebiss weist bei den meisten Menschen nur 20 Zähne auf und ist in der Regel mit dem zweiten Geburtstag vollständig im Mund zu sehen (Abbildung 1). Das bleibende Gebiss hat bei den meisten Menschen dagegen 32 Zähne, von denen 28 in der Regel bis zum 12. Geburtstag durchgebrochen sind (Abbildung 1). Ein Kind hat also viel weniger Milchzähne als Zähne, die später bleiben.
Außerdem weisen Milchzähne im Vergleich zu bleibenden (sogenannten permanenten) Zähnen einige Unterschiede auf. Milchfront- und Milcheckzähne sind kleiner als die bleibenden Nachfolger und benötigen deshalb weniger Platz in den Zahnbögen. Dies ist erforderlich, da auch die Kiefer in den ersten Lebensjahren noch deutlich kleiner sind. Im Wachstum werden die Kiefer dann größer und bieten den Zähnen somit mehr Platz. Gut erkennen kann man das an den zahlreichen Lücken, die sich häufig im Milchgebiss entwickeln. Die wachsenden Kiefer ermöglichen also die Einstellung einer größeren Anzahl von Zähnen und auch von größeren Milchfront- und Eckzähnen.
Weitere Unterschiede finden sich im Aufbau der Milchzähne. Deren Hartsubstanz (der Zahnschmelz, also die äußere Schicht der Zähne) ist deutlich dünner und weniger fest als bei bleibenden Zähnen. Somit nutzen sich Milchzähne schneller ab und Karies (Zahnfäule) kann sich in ihnen rascher ausbreiten. Dies erklärt auch, warum Milchzähne bei Menschen, bei denen nicht alle bleibenden Zähne angelegt sind (sogenannte Zahnnichtanlagen kommen bei etwa 5 von 100 Menschen vor), auf lange Sicht oft eine eingeschränkte Lebensdauer haben. Im Einzelfall lässt sich die Überlebenszeit (Prognose) eines Milchzahnes jedoch nur schwer vorhersagen. So gibt es Fallberichte, bei denen beschrieben wird, dass einzelne Milchzähne auch noch bei sechzigjährigen Menschen im Munde sind. Ein wichtiger Hinweis auf eine eingeschränkte Überlebenszeit eines Milchzahnes ist, wenn seine Kaufläche unter die der Nachbarzähne absinkt – er also quasi ‚weniger hoch‘ erscheint.
Wenn ein Milchzahn keinen bleibenden Nachfolger hat, also der dazugehörige Zahn nicht angelegt ist, gibt es mehrere Möglichkeiten. Es kann zum Beispiel ein künstlicher Ersatzzahn eingesetzt werden oder der Milchzahn wird entfernt und die dahinter befindlichen bleibenden Zähne werden mit einer festen Zahnspange nach vorne bewegt. Dadurch wird der Platz des fehlenden bleibenden Zahnes von einem körpereigenen bleibenden Zahn eingenommen und es entsteht keine Lücke (Abbildung 2). Ein künstlicher Zahnersatz ist somit nicht nötig.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass wir für eine langfristig gute Mundgesundheit noch andere Zähne als nur die Milchzähne benötigen: Milchzähne sind von zu geringer Zahl, darüber hinaus von schlechterer Qualität, gehen in der Regel verloren und Milchfront- und Eckzähne sind auch zu klein.
Dennoch ist es nicht nur für die bleibenden Zähne, sondern auch für die Milchzähne sehr wichtig, zahnfreundlich zu essen und zu trinken, sowie die Zähne gut zu putzen. Denn wenn sie faul werden (Karies bekommen), kann das schmerzhaft sein, und es besteht das Risiko, dass sich eine für den ganzen Körper gefährliche Entzündung entwickelt. Darüber hinaus kann sich auch der Platz für die noch nicht durchgebrochenen bleibenden Zähne einengen.
Außerdem ist die gute Pflege der Milchzähne auch wichtig, damit sie nicht zu früh verloren gehen, denn das würde dazu führen, dass die sich dahinter befindenden Zähne nach vorne wandern. Somit würde der Platz für den bleibenden Zahn, der sich unter dem zu früh verlorenen Milchzahn noch im Kieferknochen befindet, eingeengt, so dass er vielleicht gar nicht mehr in die Mundhöhle durchbrechen könnte. Geht ein Milchzahn zu früh verloren, kann zum Beispiel eine kleine herausnehmbare Zahnspange für nachts helfen, den Platz für den bleibenden Zahn solange offen zu halten, bis er durchgebrochen ist (Abbildung 3).
Iss und trink also Zahngesundes und lasse deine Eltern all deine Milchzähne bis zum ersten Geburtstag durch Abwischen oder vorsichtiges Bürsten am Abend pflegen. Ab dem ersten Geburtstag sollten die Zähne täglich zweimal sehr gut mit einer Zahnbürste und Kinderzahnpasta mit Fluorid gebürstet werden (Fluorid ist ein Zusatz in der Zahnpasta, der dabei hilft, Zahnfäule (Karies) vorzubeugen). Bis du das sicher alleine kannst, sollten deine Eltern nachputzen, nachdem du selbst die Zähne vorgeputzt hast. Wenn du den ersten bleibenden Zahn bekommst, solltest du auch beginnen, jeden Abend Zahnseide zu benutzen und statt der Kinderzahnpasta eine Zahnpasta für Erwachsene benutzen (die enthält mehr von dem Zusatz „Fluorid“, der hilft, der Zahnfäule (Karies) vorzubeugen).
Wenn du das beachtest, bleibst du zahngesund, kannst gut kauen und alle Menschen freuen sich, wenn sie dich beim Sprechen gut verstehen können und du sie mit deinen Zähnen anlächelst.
Abbildung 1: Ober- und Unterkiefer, Milchzähne (weiß) und bleibende Zähne (grau)
Abbildung 2: Zahnspange
Abbildung 3: Zahnspange, die Platz für den bleibenden Zahn offen halten kann
Univ.-Prof. Dr. med. dent. Ariane Hohoff & Dr. med. dent. Jonas Quirin Schmid
Poliklinik für Kieferorthopädie des Universitätsklinikums Münster