Aus Sicht des Materialphysikers:
Ich verstehe die Wirkungsweise aufgrund der Anwendung der sogenannten Pyrometrie in unserer Forschung. Dabei geht es um berührungslose optische Messungen von Temperaturen. Pyrometer werden jedoch typischerweise für Messungen hoher Temperaturen (einige hundert Grad Celsius) verwendet. Daher werden hier als Sensoren meist Si-Photodioden verwendet, welche für die in diesem Temperaturbereich emittierte Wärmestrahlung eine sehr hohe Sensitivität haben.
Wärmebildkameras wie sie auch verwendet werden, um Häuser auf Dämmungslecks etc. zu untersuchen, messen Temperaturunterschiede im Bereich unserer Umgebungstemperatur. Daher sind diese mit Sensoren ausgestattet, welche eine hohe Sensitivität für einen anderen Wellenlängenbereich (mittleres Infrarot und nicht nahes Infrarot) aufweisen. Es wird also ein Bild aufgenommen wie mit einer Digitalkamera, nur dass der „Chip“ in einem anderen Wellenlängenbereich (Infrarot und nicht optisch wie in einer Digitalkamera oder einem Smartphone) sensitiv ist.
Die Temperaturauflösung (der kleinste Temperaturunterschied der noch reproduzierbar gemessen werden kann) ist dabei bei den Spitzengeräten sehr hoch – im Bereich weniger (ca. 20) Millikelvin (also 0,02 Grad).
Ob Eisbären auch bei einer so hoch auflösenden Wärmebildkamera unsichtbar gegenüber dem kalten Hintergrund wären kann ich nicht sagen, aber ich bezweifle es.
Die Unsichtbarkeit bezieht sich auch immer nur auf den zur Bildgebung verwendeten Wellenlängenbereich. Das einfachste Beispiel ist durch den optischen Wellenlängenbereich gegeben – wir können Eisbären sehen. Dies wäre auch für eine Wärmebildkamera der Fall, welche im ultravioletten Anteil des Spektrums sensitiv ist.
Die Haare des Eisbärenfells lassen diese Strahlung zu der schwarzen Haut des Eisbären durch, wo diese absorbiert wird (und den Eisbären wärmt). Durch Luftpolster und die Dämmwirkung der Haare (die sind sehr schlechte Wärmeleiter) und die Absorptionswirkung der Haut gelangt wenig Wärmestrahlung vom Eisbären in die Umwelt.
Diese Kombination von großer Absorption, geringer Reflexion und guter Dämmung hilft dem Eisbären zu überleben und macht ihn schwer sichtbar auf Wärmebildkameras die im mittleren Infrarot sensitiv sind. Derartige Konzepte, natürlich in angepasster Form, werden heute auch schon zur Gebäudeisolierung genutzt oder zumindest verfolgt.
Begriffserklärungen:
Ein Pyrometer ist ein Gerät mit dem die Intensität von Strahlung (zum Beispiel von dem Licht der Sonne) bei bestimmten Wellenlängen („Farben“) gemessen wird. Mit Hilfe einer physikalischen Gesetzmäßigkeit (das sog. Stefan-Boltzmann-Gesetz, welches die Verschiebung der Wellenlänge mit höchster Intensität als Funktion der Temperatur eines Strahlers beschreibt), kann so die Temperatur des Strahlers (zum Beispiel die Oberflächentemperatur von geschmolzenem Eisen) gemessen werden.
Si-Photodioden sind elektronische Bauteile aus Silizium (chemisches Element Si), welche den Strom leiten wenn sie mit Strahlung mit einer bestimmten Wellenlänge bestrahlt werden. Bei Photodioden aus Silizium tritt die Leitung von Strom durch Bestrahlung im blauen bis ultravioletten Bereich des Spektrums auf. Daher kann man diese Bauelemente nutzen, um hohe Temperaturen „sichtbar“ zu machen, denn bei diesen hohen Temperaturen emittieren die meisten Körper Licht mit hoher Intensität in genau diesem Wellenlängen-Bereich (blau bis ultraviolett).
Emittierte Wärmestrahlung: dies bezeichnet die Strahlung, die von einem warmen Körper abgestrahlt – und z.B. durch Wärmebildkameras detektiert und zu einem „Wärmebild“ zusammengesetzt wird. Ein gutes Beispiel ist glühende Holzkohle im Grill. Die leuchtet dunkelrot – also emittiert Holzkohle bei dieser Temperatur (ca. 750-800 Grad Celsius) vorwiegend Wärmestrahlung im nahen Infrarot und sogar im sichtbaren roten Bereich des Spektrums.
Sensitiv: bedeutet hier dass ein „Sensor“ die übertragene Information auch detektieren kann. Eine normale Digitalkamera ist z.B. sensitiv auf sichtbares Licht. Größere oder kleinere Wellenlängen (Infrarot oder Ultraviolett) werden nicht erfasst. Insekten sind zum Teil sensitiv auf andere Wellenlängen und nehmen die Umwelt ganz anders wahr (und können zum Teil die Wärmestrahlung von Säugetieren sehen).
Absorbieren/Absorption: in diesem Zusammenhang ist damit gemeint, dass eine Strahlung (zum Beispiel das Licht der Sonne) von einem Körper (zum Beispiel der schwarzen Lederhaut eines Eisbären unter dem weißen Fell) aufgenommen und nicht wieder abgegeben (emittiert) und auch nicht zurückgestrahlt (reflektiert) wird. Dieses absorbierte Licht wird im Körper in Wärme (also in Strahlung geringerer Wellenlänge) umgewandelt. Deshalb wird es uns in der Sonne warm.
Und aus Sicht des Biologen:
Zunächst mal: Sie sind zu sehen. Hängt natürlich von der Güte und Stärke der Kamera ab, aber vor allem die schlecht isolierte Nase und die Augen sind gut zu sehen. Der Rest ist durch das dicke Fell einfach so gut isoliert, dass wenig Wärmestrahlung abgegeben wird. Da kann ich mich dem Materialphysiker nur anschließen.