Wie funktioniert die Dreiecksbeziehung zwischen Inflation, Arbeitslosenquote und Zinssatz?

Der volkswirtschaftliche Zusammenhang zwischen Arbeitslosenquote und Inflationsrate wird durch die Phillipskurve beschrieben, welche ein negatives Verhältnis zwischen Inflationsrate und gesamtwirtschaftlicher Arbeitslosigkeit abbildet. Der Zusammenhang lässt sich dahingehend motivieren, dass es für die Unternehmen bei sinkender Arbeitslosenquote schwieriger wird, geeignete Arbeitskräfte zu finden. In einem solchen Umfeld nimmt die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer:innen und Gewerkschaften bei Tarifvertragsverhandlungen zu, und es lassen sich höhere Lohnabschlüsse durchsetzen. Steigende Lohnzahlungen erhöhen aber zugleich die Produktionskosten der Unternehmen, welche diese auf die Preise ihrer angebotenen Waren und Dienstleistungen überwälzen. Auf diese Weise steigen die Güterpreise in der Ökonomie und es entsteht Inflation.

Das Mandat von Zentralbanken besteht primär in der Sicherung von Preisstabilität. So strebt die Europäische Zentralbank (EZB) mittelfristig eine jährliche Inflationsrate von 2% an. Steigen die durchschnittlichen Preise im Euroraum dauerhaft schneller als dieser Zielwert, so kann die EZB durch eine Anhebung des Zinsniveaus die Kreditkosten verteuern und dadurch die Nachfrage nach Konsum- und Investitionsgütern senken. Wenn diese Güter nicht mehr produziert werden, benötigen die Unternehmen auch weniger Arbeitskräfte. Dadurch gehen die Lohnforderungen der Arbeitnehmer:innen zurück, und über weniger stark steigende Löhne sinkt die Inflationsrate auf den Zielwert der EZB.

Das makroökonomische Umfeld ist momentan eher durch zu geringe als zu hohe Inflationsraten gekennzeichnet. Entsprechend haben Zentralbanken in vielen Ländern die Zinsen auf sehr geringe Niveaus herabgesetzt, um über den Phillipskurven-Zusammenhang den volkswirtschaftlichen Preisauftrieb zu beschleunigen. Diese Politik war jedoch in den zurückliegenden Jahren nicht sonderlich erfolgreich, da die Güternachfrage über sinkende Zinsen nicht hinreichend stark belebt werden konnte. Die Ersparnisse und die Kaufkraft der Nachfrager:innen hat sich aber seit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie in vielen Ländern des Euroraums erhöht, sodass die Güternachfrage nunmehr deutlich anzieht. In Verbindung mit Pandemie-bedingten Verteuerungen vieler Rohstoffe zeigt sich dies in einer aktuell deutlichen Zunahme der Inflationsrate in vielen Ländern, so auch im Euroraum und in Deutschland. Sofern sich dieser Preisauftrieb über längere Zeit fortsetzt, ist mit zukünftig wieder steigenden Zinsen zu rechnen.

Prof. Dr. Bernd Kempa

Institut für Internationale Ökonomie

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