Wie viel Blut ist in der Zunge?

Die Zunge spielt eine wichtige Rolle beim Schlucken, Atmen, Sprechen und Kauen. Sie ist der Ort des Geschmacksorgans und hilft uns bei der Artikulation. Gleichzeitig nutzen wir die Zunge, um die Beschaffenheit von Oberflächen zu erfassen. Die Anatomie der Zunge ist entsprechend komplex, um der Vielzahl an Aufgaben gerecht zu werden. Die Oberfläche der Zunge besteht aus einer spezialisierten Schleimhaut, die durch unterschiedlich geformte Zungenpapillen gekennzeichnet ist.
Im Inneren besteht die Zunge aus Muskulatur mit unterschiedlichem Faserverlauf, die in eine oberflächliche Bindegewebsplatte einstrahlt und die für die hohe Verformbarkeit verantwortlich ist. Zusätzlich setzen mehrere Muskeln von außen an der Zunge an und ermöglichen durch ihren Zug eine große Beweglichkeit innerhalb der Mundhöhle. Weiterhin finden sich kleinere Spüldrüsen (z. B. Glandulae gustatoriae), sowie die Zungenmandel (Tonsilla lingualis), die für die Abwehr von Fremdorganismen zuständig ist. Die Nervenversorgung der Zunge ist ähnlich komplex und wird über verschiedene Hirnnerven gewährleistet.

Zur Versorgung der Muskulatur ist die Zunge auf eine starke Durchblutung angewiesen. Diese erfolgt hauptsächlich über die Zungenarterie (Arteria lingualis). Diese stammt aus der kaliberstarken äußeren Halsschlagader (Arteria carotis externa) und verläuft paarig als die tiefe Zungenarterie (Arteria profunda linguae) bis an die Zungenspitze. Ein weiterer Ast verläuft unterhalb der Zunge (Arteria sublingualis) und versorgt die Unterzungenregion mit sauerstoffreichem Blut. Das sauerstoffarme Blut fließt anschließend über gleichnamigen Venen und schließlich über die Zungenvene (Vena lingualis) ab.

Die Aufzweigungen der Zungenarterie (Abbildung von Shangkuan et al., 1998)

Das durchschnittliche Zungenvolumen eines Erwachsenen beträgt je nach Messmethode ca. 100 cm3. Die reine „Blutmenge“ in der Zunge wird entsprechend weniger sein. Die Volumina unterscheiden sich jedoch zwischen Kindern und Erwachsenen, zwischen Frauen und Männern. Kleinere Verletzungen an der Zunge heilen in der Regel problemlos ab. Größere Verletzungen können aufgrund der starken Durchblutung zu einem merkbaren Blutverlust führen.

Dr. Dogus Darici

Institut für Anatomie & Molekulare Neurobiologie

Literatur:

Shangkuan H., Xinghai W., Zengxing W., Shizhen Z., Shiying J., & Yishi C. (1998). Anatomic bases of tongue flaps. Surgical Radiologic Anatomy, 20, pp. 83–88.

Rana SS., Kharbanda OP., & Agarwal B. (2020). Influence of tongue volume, oral cavity volume and their ratio on upper airway: A cone beam computed tomography study. Journal of Oral Biological Craniofacial Research, 10(2), pp. 110–117.

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