Wieso fühlt man sich bei einer Krankheit abends kränker als tagsüber?

Unser Körper unterliegt einem gewissen Rhythmus. In vielen Bereichen gibt es immer wiederkehrende Prozesse, die nach dem gleichen Muster ablaufen. Zusammenfassend bezeichnet man das auch zirkadiane Rhythmik. Die Wissenschaft, die sich damit hauptsächlich auseinandersetzt, nennt sich Chronobiologie. In vielen Fällen handelt es sich um an Sonnenaufgang und -untergang anpassten Prozesse, die sich in etwa alle 24 Stunden wiederholen.

Zur Beantwortung der Frage „Wieso fühlt man sich bei einer Krankheit abends kranker als tagsüber?“ kann man zwei Faktoren betrachten. Zum einen gibt es das Hormon „Cortisol“. Es unterliegt einem bestimmten Tagesrhythmus und besitzt eine Vielzahl an Wirkungen. Der höchste Spiegel in unserem Blut ist in den Morgenstunden und der niedrigste Blutspiegel in den Abendstunden. Eine der Wirkungen ist eine Hemmung von Entzündungen im Körper. Im Falle einer Erkrankung mit Fieber, führt das Cortisol dazu, dass die Entzündung, die das Fieber verursacht, abgemildert wird. Folglich sinkt die erhöhte Körpertemperatur. Da abends weniger Cortisol im Körper ist, ist die fiebersenkende Wirkung geringer. Das Fieber, im Grunde genommen, eine Abwehrreaktion des Körpers gegen Bakterien, steigt im Laufe des Tages an.

Zum anderen ist der Körper durch eine Erkrankung auch geschwächt. Der Körper wendet viel Kraft dafür auf, die Bakterien, die zum Beispiel die Erkrankung auslösen, zu bekämpfen. Wenn unser Körper durch den normalen Tagesablauf, wie in die Schule, zur Arbeit oder Einkaufen gehen, Energie aufbringen muss, fehlt ihm diese für die Abwehr von Bakterien. Je länger der Tag dauert, desto weniger Energie haben wir folglich, desto müder, schwächer und auch desto kränker fühlen wir uns.

Dr. med. Gunther S. Joos

Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie, Universitätsklinikum Münster

Kategorien: