Bilingualität (=Zweisprachigkeit) heißt, dass ein Mensch im Alltag in zwei verschiedenen Sprachen aktiv und meist problemlos kommunizieren kann. Wichtig dabei ist, dass diese Sprachen bereits im Alter von maximal drei Jahren erlernt wurden, also ein Kind zum Beispiel mit Deutsch und Englisch aufgewachsen ist. Grundsätzlich haben bilingual aufgewachsene Kinder Vorteile in einigen wichtigen kognitiven Bereichen: Zum Beispiel können sie meistens weitere Fremdsprachen leichter lernen.
Studien dazu konzentrieren sich auf die Fähigkeiten von bilingualen Personen, die eigenen Prozesse bei der Sprachverarbeitung zu planen und zu kontrollieren. Solche metasprachlichen Fähigkeiten sind beim Erlernen von Fremdsprachen besonders wichtig. Bilinguale Personen lernen bereits im frühen Alter einige ganz wesentliche Dinge. So entwickeln sie ein Gefühl dafür, dass die Form von einzelnen Wörtern nur selten in einer Beziehung zu deren Funktion und Bedeutung steht. Das heißt, dass im zweisprachigen Alltag viele Gegenstände durch unterschiedliche Wörter dargestellt werden: z.B. Katze (Deutsch) und kedi (Türkisch) als Oberbegriff für vierbeinige miauende Säugetiere mit Schnurhaaren. Es wird also zur Routine, dass es verschiedene Wörter (in verschiedenen Sprachen) für dieselben Gegenstände gibt. Außerdem haben bilinguale Personen die Möglichkeit, die verschiedenen Sprachen und die unterschiedlichen Sprachsysteme miteinander zu vergleichen. Dadurch können bilinguale Kinder auch das Wortkonzept besser fassen. All dies führt dazu, dass bilinguale Personen weitere Sprachen erheblich leichter lernen. Bilinguale Kinder weisen auch bessere schulische Leistungen auf und sind sozioemotional fortgeschrittener als Kinder, die nur mit einer Sprache (=monolingual) aufgewachsen sind.
Dazu kommt noch ein weiterer Aspekt: Bilinguale Personen haben meist ein erhöhtes Interesse an Sprache und eine höhere Sensibilität für Sprache. Das heißt, sie interessieren sich für sprachliche Fragen, weisen ein besonderes Gespür für korrekte Sprache auf und legen großen Wert darauf, die korrekte Sprache zu nutzen. Dadurch bemerken zweisprachige Personen z. B. grammatische Fehler schneller als einsprachige Personen im gleichen Alter. Bilinguale Kinder weisen also eine größere Sprachbegabtheit auf, haben Zugang zu zwei unterschiedlichen Sprachsystemen und haben eine höhere Sprachflexibilität. Aus all diesen Aspekten ergeben sich Vorteile für bilinguale Personen im Fremdsprachenunterricht: Sie können beim Erlernen einer weiteren Sprache bereits auf zwei verschiedene Sprachsysteme zurückgreifen, was ihnen den Sprachlernprozess deutlich erleichtert.
Zusammenfassend kann man also sagen: Ja, Bilingualität kann tatsächlich als Vorteil beim Lernen von weiteren Sprachen gesehen werden, da sie einen positiven Einfluss auf die kognitiven und linguistischen Fähigkeiten hat. Dies kann den Erwerb von Fremdsprachen wesentlich erleichtern. Allerdings wird hier noch weitere Forschung zu den Einflüssen von Bilingualität benötigt, da der positive Effekt beim Erlernen von weiteren Sprachen nicht nur von der Bilingualität an sich, sondern vor allem auch von der sozialen Situation von bilingualen Personen abhängig ist. Diese Faktoren sollen in der Forschung mitberücksichtigt und näher untersucht werden.