Dieser Effekt ist eine Vorhersage der Allgemeinen Relativitätstheorie (ART) von Albert Einstein und in der Physik auch als „gravitative Zeitdilatation“ bekannt. (Diese Form der Zeitdilatation ist übrigens von derjenigen in der Speziellen Relativitätstheorie zu unterscheiden, die mit der Relativbewegung von Bezugssystemen und der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit zusammenhängt.)
Man könnte die gravitative Zeitdilatation auch als Dehnung der Zeit unter Einwirkung von Gravitationsfeldern bezeichnen. Ein Gravitationsfeld, auch Schwerkraftfeld genannt, herrscht im Raum um eine Masse und überträgt die Kraftwirkung dieser Masse auf andere Massen. Auch die Schwerkraft, durch die wir festen Stand auf der Erdoberfläche erhalten, ist Konsequenz dieser Anziehungskraft zwischen Massen. Die gravitative Zeitdilatation besagt nun, dass eine Uhr (und somit auch jeder andere Prozess) in einem stärkeren Gravitationsfeld langsamer läuft als in einem schwächeren. Jeder gegenüber dem Gravitationsfeld ruhende Beobachter misst demnach eine längere bzw. kürzere Ablaufzeit von Vorgängen, die in identischer Weise im bzw. außerhalb dieses Feldes ausgelöst wurden. Da die Stärke des Gravitationsfelds eines Körpers wie z.B. der Erde, und damit auch deren Kraftwirkung auf andere Objekte, mit zunehmender Entfernung abnimmt, vergeht die Zeit im Weltraum schneller als bei uns. Zahlenbeispiel: Im fernen, näherungsweise schwerefeldfreien Raum (also quasi ohne Gravitation) vergeht die Zeit um etwa 1,0000000007 mal so schnell wie auf der Erdoberfläche. Je näher eine Uhr also an die Oberfläche eines Himmelskörpers heranrückt, desto langsamer läuft sie für einen entfernten Beobachter.
Dieser Effekt ist umso ausgeprägter, je größer die Masse ist, die das Gravitationsfeld erzeugt. Auch hier noch einmal Zahlenbeispiele aus der Sicht eines praktisch unendlich entfernten ruhenden Beobachters.
Wenn für diesen ein Jahr abläuft, dann vergehen nach seiner Beobachtung auf der Erde 0,02s, auf der Sonne 67s, auf einem Weißen Zwerg ca. 80 Minuten und auf einem Neutronenstern ca. 90 Tage weniger! Extremfall: Am Rand eines Schwarzen Lochs kommt der Lauf der Uhr aus Sicht des in der Ferne ruhenden Beobachters völlig zum Erliegen, weil ihre Geschwindigkeit an die Lichtgeschwindigkeit heranreicht. Für diesen Beobachter bleibt die Zeit demnach am Rande eines Schwarzen Lochs stehen!
Die Gravitationszeitdilatation ensteht nicht durch irgendeine mechanische Einwirkung auf die Uhren, sondern stellt eine Eigenschaft der Raumzeit selbst dar. Die Raumzeit ist nämlich nach den Gesetzmäßigkeiten der ART, die durch komplizierte mathematische Gleichungen beschrieben werden, bei Anwesenheit von Massen und den von ihnen erzeugten Schwerefeldern gekrümmt.
Dies wiederum beeinflusst die Bewegung von Objekten und die Lichtausbreitung (die gerne als „Zeitbasis“ herangezogen wird) in diesen Feldern.
Die gravitative Zeitdilatation enthält also gewissermaßen den „Zeitanteil“ der Raumzeitkrümmung!
Eine weitere Erscheinung, die auf der gravitativen Zeitdilatation beruht, ist die gravitative Rotverschiebung: Das Zeitintervall zwischen Anfang und Ende einer Lichtwelle ist umso länger, je weiter nach oben man sich im Gravitationsfeld bewegt, weil die Zeit zunehmend schneller verstreicht.
Das bedeutet, dass die Welle bei ihrer Bewegung nach oben immer länger gemessen wird und somit dort langwelliger, also rotverschoben erscheint.
Die Zeitdilatation in Gravitationsfeldern ist experimentell schon mehrmals bestätigt worden, z.B. durch den schnelleren Lauf hochpräziser Uhren, die mit Flugzeugen oder Raketen in große Höhen gebracht wurden, im Vergleich zu Uhren gleicher Bauart, die auf der Erdoberfläche zurückgelassen wurden. Die Präzision heutiger Atomuhren reicht aus, um den Effekt auf der Zugspitze innerhalb weniger Tage nachzuweisen.
Und schließlich würden auch GPS-Empfänger, die jeweils Funksignale mehrerer Satelliten registrieren, ohne entsprechende Korrekturen zum Ausgleich dieser relativistischen Einflüsse nicht zuverlässig funktionieren.