Was war das erste Musikstück? Haben sogar Urmenschen schon Musik gemacht?

Denken wir an Musik der Vergangenheit, so könnte es sein, dass uns Namen wie Johann Sebastian Bach oder sogar Palestrina einfallen. Vielleicht denken wir auch an lateinische Gesänge aus der Kirche, die mitunter sogar über 1.000 Jahre alt sind. Das ist ein langer Zeitraum, in dem sich die Musik immer weiterentwickelte, aber selbst bis zu den gregorianischen Chorälen des Mittelalters hatte sich die Musik schon sehr verändert. Denn in Europa wissen wir aus alten Texten, wie wichtig Musik schon in der griechischen Antike war, das war vor fast 3.000 Jahren. Und sogar das ist nicht der Anfang der Musik, alte chinesische Texte gehen sogar 5.000 Jahre zurück. Was davor geschah, liegt im Dunkel der Geschichte, da nur sehr wenige Zeugnisse und Gegenstände aus dieser Zeit erhalten sind.

Wahrscheinlich ist Musik etwas, was den Menschen schon immer wichtig war. Der menschliche Körper kann zum Beispiel über Stimme Musik erzeugen und die Natur ist voller Klänge, Geräusche und Rhythmen. So wurde die Musik im Lauf der Zeit zu unserer Wegbegleiterin, womit wir eine erste Antwort schon gefunden haben. Denn wir Menschen sind soziale Wesen und nicht für die Einsamkeit und Isolation gemacht. Gemeinsam Musik zu machen, zum Beispiel beim Singen, verbindet uns mit anderen Menschen und gibt uns ein tolles Gefühl.

Auch für viele Religionen ist Musik unverzichtbar. Schon immer glaubten die Menschen an höhere Mächte, die unser Leben beeinflussen und deren Gunst man sich erhalten muss. Viele Rituale werden daher bis heute von Gesang und Instrumenten begleitet. Mit Musik kann man auch Botschaften transportieren und Nachrichten über weite Strecken übermitteln, beispielsweise durch Trommelsignale. Eines der ältesten Instrumente, das man bei archäologischen Ausgrabungen gefunden hat, ist eine schätzungsweise 35.000 Jahre alte Knochenflöte aus der Steinzeit. Die Funktionen von Musik waren daher schon immer sehr vielfältig und das Musikmachen entsprechend wichtig.

Wie diese Musik aber geklungen hat und welches das erste Musikstück war, wissen wir leider nicht. Wir kennen zwar noch die Gegenstände, mit denen man Klänge produzierte (wie zum Beispiel Saiteninstrumente, Trommeln, Trompeten oder Flöten). Wie man sie aber benutzte und nach welchen Regeln man gemeinsam musizierte, ist nicht dokumentiert. Denn erst seit es Aufzeichnungen über Musik gibt und mit Notenschriften festgelegt wurde, wie man diese Musik zu spielen hat, wissen wir davon.

Seit wir solche Texte haben, kann man immerhin erkennen, dass man beim Komponieren von Musik Regeln aufstellte, um schöne von hässlichen Melodien zu unterscheiden und gute Musikstücke zu komponieren. Dabei spielte die Verbindung dieser Musik zur Natur, zum Universum, zur Mathematik oder dem Glauben eine ebenso wichtige Rolle. Ein besonders altes Beispiel sind hurritische Hymnen aus der Bronzezeit, die man sich in der Stadt Ugarit zu Ehren der Göttin Nikkal ausdachte. Solche Musik lässt sich aber nicht einfach spielen, so wie sich ägyptische Hieroglyphen lange Zeit nicht lesen ließen. Man erkannte zwar, dass es sich um eine Schrift handelt, konnte ihren Sinn aber solange nicht verstehen, bis man keine Übersetzung dieses Textes fand, mit dem man die alten Zeichen erklären konnte. So ähnlich kann man es sich vielleicht vorstellen, wenn man alte Notensysteme findet: Wir erkennen zwar, dass es sich offenbar um Regeln, Vorschriften und Anleitungen handelt, müssen aber mühsam versuchen, ihren Sinn zu entschlüsseln. Ob die Musik, die dabei rekonstruiert wird, früher aber tatsächlich so geklungen hat und was die damaligen Menschen sich dabei dachten, ist sehr schwierig zu sagen. Die Suche nach antiken Musikstücken und ihrer Entschlüsselung ist daher eine sehr spannende Aufgabe, die immer wieder Neues ans Licht bringt, erfordert von uns aber sehr viel Geduld, Wissen und Experimentierfreude.

Dieser Text wurde in Zusammenarbeit zwischen dem Studierenden der Musikwissenschaft Philipp Tsiakiris und Prof. Dr. Michael Custodis im Sommersemester 2024 erstellt.

Philipp Tsiakiris und Prof. Dr. Michael Custodis

Institut für Musikwissenschaft

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