Die Erde besteht aus vier Hauptschichten: der Erdkruste, dem Erdmantel und dem äußeren und dem inneren Kern. Auch mit modernsten wissenschaftlichen Techniken können wir diese Erdschichten nicht direkt erreichen – mit Ausnahme der äußeren Schicht, der Erdkruste, auf der wir leben.
Der tiefste Punkt, der jemals in die Erdkruste gebohrt wurde, geht nur 12 km ins Erdinnere (das ist ungefähr so weit wie die Strecke von Münster-Gievenbeck nach Münster-Gremmendorf). Um den Mittelpunkt der Erde zu erreichen, müssten wir 6371 km lang bohren, was in etwa der Entfernung zwischen Münster und Washington DC entspricht.
Wie können wir also etwas über die inneren Schichten der Erde lernen, obwohl wir sie nicht direkt untersuchen können?
Wellen, die bei großen Erdbeben entstehen, können uns helfen. Diese Wellen, seismische Wellen genannt, breiten sich im Inneren unseres Planeten aus und können uns einige wertvolle Informationen über die Zusammensetzung der inneren Erdschichten geben. Es gibt zwei Haupttypen von seismischen Wellen: primäre und sekundäre. Primären Wellen können sich sowohl in festen Stoffen als auch in Flüssigkeiten ausbreiten. Sekundäre Wellen breiten sich hingegen nur in festen Stoffen aus. Wenn wir also zum Beispiel ein Erdbeben in Indonesien haben, können wir die seismischen Wellen in Münster mit einem hochempfindlichen Seismometer nachweisen. Wir können die Ankunft der Primärwellen beobachten, aber nicht die der Sekundärwellen. Warum? Weil die Sekundärwellen während ihrer Reise im Inneren unseres Planeten auf eine Flüssigkeitsschicht „stoßen“ und somit ihre Reise zu unserem Seismometer abbrechen. Die flüssige Schicht, auf die sie treffen, ist der äußere Erdkern. Er ist der Grund, warum wir die Sekundärwellen, die von der gegenüberliegenden Seite des Planeten kommen, nicht messen können.
Seismische Wellen können auch gebogen werden und ihre Geschwindigkeit ändern, wenn sie von einem Material zum anderen wandern. Durch die Untersuchung der Variationen in der Geschwindigkeit der Primärwellen entdeckte eine Forscherin, Inge Lehmann, das Vorhandensein des inneren festen Kerns der Erde, direkt im Zentrum unseres Planeten.
Wissenschaftler:innen entwickelten auch andere Methoden, um das Innere der Erde zu untersuchen, wie z. B. Experimente zur Untersuchung der chemischen Zusammensetzung der verschiedenen Schichten. Tatsächlich können wir die in der Tiefe herrschenden Druck- und Temperaturbedingungen simulieren, indem wir Feststoffpressen, sogenannte Kolbenzylinder, verwenden. Mit diesen Geräten können wir Bedingungen bis zu 100 km in der Tiefe simulieren. Wir können zum Beispiel untersuchen, wie sich ein Gestein bei bestimmten Bedingungen verhält, welche Mineralien stabil sind oder was mit bestimmten Stoffen wie Wasser oder Kohlendioxid passiert, wenn sie in den tiefen Bereichen unseres Planeten vorhanden sind.
Um noch höhere Druckbedingungen zu simulieren, entwickelten Wissenschaftler:innen eine weitere interessante Apparatur, die sogenannte Diamant-Anvil-Zelle. Diamanten sind das härteste natürliche Material. Durch das Zusammendrücken einer Probe zwischen zwei Diamanten können wir einen extremen Druck erzeugen, der den Bedingungen im inneren Erdkern entspricht. Dadurch können wir seine Zusammensetzung untersuchen – so wie es Inge Lehmann in ihren Studien über seismische Wellen vorausgesagt hat.